Hingabe

ein Kunstprojekt auf dem Stadtfriedhof Angermünde 2023

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Die Arbeiten

Christiane Bergelt

dolore profondo
Wir werden uns umarmen

Im letzten Jahr fand ich bei einem meiner wiederkehrenden Spaziergänge ein Tüllband in einem Grünschnittcontainer auf dem Friedhof. Der Rand dicht und fest mit Kette und Schuß gewebt und mit feinem Draht durchzogen. Dazwischen zum durchsehen transparente, feine schwarze Fäden.

Strauß oder Kranz an dem die kleine Schleife, an einem Draht befestigt steckte, verrotten. Das kleine, schmale Bändchen von anderthalb Zentimetern war da und greifbar. Rest eines gefeierten Abschiedes, ein heimliches Souvenir des Spaziergangs.
Seitdem trug ich das Bändchen, das mich rührt, wenn ich es ansehe von hier nach da.
Immer wieder fing es meinen Blick. Dann freue ich mich an der flink gebundenen Schleife, daran, dass sie etwas steif ist, die ihr gegebene Form wahrt und an ihrer synthetisch glänzenden, sich in den Falten und Windungen zeigenden tiefen Schwärze.

Die Schleife ist von irritierender Leichtigkeit, nicht sie selbst, das schwerelose Gewebe. Ich stelle mir das Volumen einer Feldholzinsel vor. Sinnliche Biotopanker, die sich in die gepflügten, blühenden, wuchernden und abgeernteten Felder schmiegen entlang der Landstraßen. Ich will die Leichtigkeit der Schleife ins Üppige bewegen, in die Schwere kippen, den Wind durchrauschen lassen, daran festhalten. Dem Feldgehölz gleich soll sie ein Biotop der Trauer sein. Unvollbrachtes, Versagtes, Ungelebtes kann hier betrauert werden. Rhythmisch, in immer gleicher Abfolge, den Geist beruhigend sind die Schleifen gebunden.

Zuvor: Maß nehmen, Stoff einmal auf Länge reißen und dann weiter reißen bis alle Fetzen mit den fransig-wehenden Rändern da liegen. Bänder in das Gitter fädeln, Arme ausbreiten, mit einem Ende in jeder Hand die Länge angleichen und mit dem ersten Knoten beibehalten. Die Chiffonzügel zwischen lose und fest in die Hand nehmen und mit dem Gewirr aus Fingern, Daumen und Handflächen die Schleife binden.

1000 Mal. Und dann tiefer, atemraubender Schmerz, werden wir uns umarmen.

Gudrun Sailer

Tränen

Das Mauergrab hat an seiner Wand ein Fließen, Spuren von Wasser und Zeit.
Wasser fließt.
Tränen sind emotionales Fließen.
Die Tropfen in ihrem Glanz leuchten im Gras.
Verweilen in Gedanken an Verlust, Gedanken und Tränen mögen fließen und
uns in Bewegung halten.

Wachsen, Werden und Vergehen

Ein Fließen himmelwärts?
Aus Erde zu Erde, dazwischen Zeiten, Wege, Räume, dazwischen wir.
Wir werden gehen, immer wieder,
immer weiter,
schön, wenn es fließt.
Der Ort gefällt mir. Ich ergänze die Lücke mit einem Objekt,
das Raum um Raum, Zelle um Zelle, hinauf wächst und nach unten fließt.

Ich denke an den Fluss
von Wachsen, Werden und Vergehen.
Die Wasserspuren am Stein sind mitunter grün, ich bleibe dabei und gebe dem Ton ein grün hinzu.

Jana Debrodt

Lichtblick

Dibondspiegelplatten 6,5 cm x 12 cm
4 Dibondspiegelplatten 56 cm x 36 cm

Die Idee ist, im alten Teil des Friedhofs zwei Grablegewände optisch zu öffnen. Diese Mauern werden so zu Rahmen des scheinbaren Durchblicks, zur Erweiterung des Friedhofraumes. Mauern öffnen, Räume verbinden.

Ein Fingerzeig in eine Jenseitigkeit. Ein Lichtblick.

Oder ist die scheinbare Öffnung der Mauer eine Möglichkeit der Verbindung? Eine Verbindung mit der Welt oder mit dem dahinter liegenden Außenraum?

Im Normalfall leuchten die Flächen einfach. Das ist wie das Aufleuchten des sich in Auflösung Begriffenen oder das letzte Aufleuchten vor dem Dunkel werden, durchsichtig werden, scheinbar durchsichtig werden.

Zeit-Raum

6 alte Bauernuhren, wie sie jeder kennt, von früher, von Oma und Opa, sind in der Trauerhalle in den Nischen der Fenster aufgestellt. Die Uhren sind so gestellt, das das Läuten der Stunden und Halbstunden versetzt ist und den Zeitraum einer halben Stunde gleichmäßig strukturiert.

Kristina Eberler

ohne

hast du schon, muss du noch, wie soll das gehen ohne Gedanken, ohne Arbeit, ohne ohne
was bleibt, was kommt ———– mit.

Mehrere Aspekte sind in der Installation von K. Eberler zu finden. Gezeigt wird eine fiktive Baustellen-situation mit Blick auf die Mauergräberreihe.

Es fehlen jedoch die konkrete Baustelle und der Arbeiter. Hat er Pause? Gibt es keine Bauarbeiter mehr? War kein Geld mehr da?

Auf den 2. Blick werden Fragmente von Kunstwerken sichtbar. Kunst geht nicht ohne Geld und ohne Künstler. Geht alles ohne Kunst? Welche Rolle hat Kunst?
Wie kann sie sicher finanziert sein?

Ist ein Erhalt der Mauergräber sinnvoll? Dieses Kunstprojekt soll zum positiven Diskurs über die Sanierung der Mauergräber, Kunst und die Notwendigkeit von Kunst anregen.

vergangen

was wir sehen, was wir denken, was wir fühlen, ist es ein Lichtreflex?
ein Schattenspiel? oder nur ein flüchtiger Moment? bevor es greifbar wird, ist es wieder vergangen.

Verschiedene Wesenszustände werden dargestellt, ergänzt und überlagert durch Schablonendruck in mehreren Schichten. Die Schablonen sind 1:1 aufgenommene Lichtspiegelungen.
Alle 6 Teile der Serie sind mit der gleichen Schablone gestaltet.

Die 3 Arbeiten stehen an leeren Nischen der Mauergräber.
Die Kunstwerke wurden vor langer Zeit entwendet.

Die Tafeln sind auf Vorder- und Rückseite gestaltet. Die Elemente sind mobil und können während des Ausstellungszeitraumes ihren Standort wechseln.

Die Arbeiten mit Naturtinten und Kaffee werden sich durch UV-Einstrahl-ung, Wind und Wetter verändern, im Gegensatz zu von Acrylfarben überdeckter Naturtinte.